"Florence + The Machine" ist eine britische Indie-Pop-Band, die häufig auch mit ihrer Sängerin Florence Welch identifiziert wird. Begonnen hat es mit Freundin Isabella Summers als "Florence Robot and Isabella Machine", doch das war den Produzenten zu sperrig und so wurde der Bandname zu "Florence And The Machine" verkürzt. Es war ohnehin Florence Welch, um die sich alles zu drehen hatte, denn obwohl auch die Pianistin Summers weiter mit dabei ist und die Band mit einem für Pop außergewöhnlichen Instrument, einer Harfe als Markenzeichen punkten kann, war es doch ihre beeindruckende Stimme, die den Erfolg ermöglichte.

Florence Welch ist aber auch inhaltlich die treibende Kraft und die meisten Songs stammen aus ihrer Feder. Und ihre Kompositionen sind gar nicht schlecht - die Sounds gehen ins Ohr, wenngleich sie zunehmend ins Repertoir des Mainstream-Pops greift, sie ist wortgewandt und versteht es starke Bilder zu kreieren. Leider sind ihre Texte stark auf ein Thema fixiert - "ich, ich ich", oder wie man es auf englisch so schön ausdrücken kann - "me, myself and I". Das war auf ihrem Debut-Album noch unterhaltsam, zumal sich auch noch andere Inhalte daruntermischten, aber inzwischen könnte sie sich gern auch wieder mehr mit anderen Dingen beschäftigen.

Florence + The Machine
How Big, How Blue, How Beautiful

Auf ihrem neuen Album arbeitet Florence Welch hauptsächlich ihre jüngste Krise auf. Nach einer doch längerwährenden schaffensmäßigen Flaute (ihr letztes Studioalbum stammt von 2011) und einem Nervenzusammenbruch, der sie 2013/14 zu einer lägeren Pause zwang, kehrte sie 2015, voll neuer Energie, auf die Bühne und ins Studio zurück.

How Big How Blue How Beautiful
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Das Ergebnis ist "How Big, How Blue, How Beautiful". Im Song dieses Titels bemerkt sie die Schönheit der Welt, die zu ihr hereinbricht, wenn sie nur die Türen dafür öffnet. "We've opened our eyes and it's changing the view" - mit Sicherheit! Der Song enthält einen langen Instrumentalteil, zu dem ein vorab veröffentlichtes Promotion-Video[1] entstanden ist.

Das Album beginnt aber in einer ganz anderen Stimmung. "Ship To Wreck" entsprang nach ihrer Auskunft einer mehrtägigen Party, bei der ihr irgendwann bewusst wurde, dass sie gemeinsam mit ihren Gästen gerade daran ging, ihr eigentlich sehr geliebtes Haus zu zerstören. Und nicht nur das Haus, sie zerstörte gerade alles, was in ihrem Leben Bedeutung hatte - "Habe ich dieses Schiff gebaut, um es abzuwracken???

Im Video, das Teil einer ebenfalls von ihr (mit)geschriebenen und gestalteten Video-Geschichte mit dem Titel "The Odyssey"[2] ist, erhält man weitere Auskunft.

Dass Florence die "Königin des Friedens" ist, nimmt man ihr auch nach dem so betitelten Stück nicht ab. Mit "Verschiedenen Stürmen und Heiligen" geht es weiter auf ihrer stimmgewaltigen Berg- und Talfahrt der Gefühle.

Ihre jüngste Single-Auskopplung "Delilah" ist ein sehr interessanter Titel. Ich denke, dass wirklich gute Lyrik sich dem Leser erschließen muss - aber niemals ganz. So bleibt immer noch ein Grund, das Gedicht nocheinmal zu lesen, oder zu hören ... Bei Delilah erschließt sich dem Hörer der Inhalt zunächst über die Musik. Die dadurch vermittelten Stimmungen geben Worten wie "Gefahr" einen Klang. Dass biblische Zusammenhänge arg strapaziert werden müssten, habe ich schon zu anfangs für unwahrscheinlich gehalten. Häufig wählt Florence mythologische und literarische Bezüge, um daran eine sehr persönliche Geschichte aufzuhängen. Eher könnte Tanzunterricht verhängnisvolle Implikationen beigesteuert haben, aber wirklich verstanden habe ich den Text nicht. Hilfreiche Interpretationen findet man bei ihr selten in frühen Rezensionen, sondern erst, nachdem sie auf der Bühne oder in Interviews über ihre Songs geplaudert hat. Dennoch ist es das Werk als Ganzes, das zählt, denn nicht immer muss die Sprache eines Liedes verständlich sein um seinen Inhalt erahnen und das Stück genießen zu können und letztlich zählt nicht, was das Werk für den Schöpfer bedeutet, sondern für mich.

Auch von Delilah gibt es ein informatives Video, denn es ist der sechste und abschließende Teil ihrer "Odyssee". Und ich glaube noch immer nicht an eine Bibelgeschichte, auch wenn im Video Haare geschnitten werden.

In "Long And Lost" steht sie vor den Scherben einer zerbrochenen Beziehung, was sie, nur leise instrumental begleitet, in schönen Bildern stimmlich eindrucksvoll vermittelt. Auch dieser Titel ist Teil ihres Kurz-Dramas "The Odyssey"[2].

Ähnlich geht es in "Caught" weiter, allerdings etwas impulsiver. "Es ist das härteste, was ich je tun musste, ... nicht bei dir anzurufen" ... okay, aber dann wird es verwirrend, denn die "unbewusste Solipsistin" träumt tatsächlich nie von ihm - "aber können da meine Träume jemals wahr werden? Wie können sie das?!" - und nachdem er aus ihrem Bett gestiegen ist, hört er auf zu existieren. Ein Grenzgang zwischen "Verzweiflung und Göttlichkeit", an dessen Ende sie sich wie Persephone ihrem Schicksal ergibt ... Besser als auf jedem anderen Track kommt hier das Spektrum ihrer Stimme zur Geltung und sie kann uns diesen Grenzgang mitgehen lassen.

Rockig steigt das grandiose Finale mit "Mother", nicht ihrer Mutter sondern der im Himmel, die sie ebenso wie den Herrn anruft, um sie vor sich selbst zu schützen, vor ihrer Verzweiflung, erlitten durch betrogene Liebe. Sie tut das aber mit wohlgewählten Worten, so möge sie die Mutter zu einer großen grauen Wolke machen, "so I can rain on you things I can't say out loud" und neben Raubvogel und einem großen Baum, wünscht sie sich am Ende zu einem Lied gemacht zu werden, so süß, dass der "Himmel erzittert, wenn er auf unsere Füße fällt".

>>> How Big, How Blue, How Beautiful - Tracklist

2015 durften Florence + The Machine beim größten britischen Musikfestival, dem "Glastonbury Festival of Contemporary Performing Arts"[3] als Headliner antreten. Das geschah zwar nur, weil sich "Foo Fighters"-Frontmann Dave Grohl (Ex-"Nirvana") kurz vorher von einer Bühne gestürzt und das Bein gebrochen hat[4], aber Florence Welch, der zwei Monate zuvor beim Coachella Festival gleiches passiert ist, hat eindeutig ein besseres Timing.


Glastonbury 2015 Setlist (PDF)

Auch von anderen Auftritten gibt es Aufzeichnungen[5] und weitere Hörbeispiele finden sich in großer Zahl im Internet.

ernstl x, 24. Dezember 2015

Florence + the Machine im Internet:
florenceandthemachine.net
Wikipedia (Florence + The Machine)
Florence + The Machine auf Youtube
Florence + The Machine auf Vimeo
Florence + The Machine auf Facebook

Externe Links:
[1] VIDEO: How Big, How Blue, How Beautiful - Regie: Tabitha Denholm (Promotion-Video zum neuen Album)
[2] VIDEO-Playlist: The Odyssey - Regie: Vincent Haycock, Choreographie: Ryan Heffington
[5] VIDEO: interessant ist vor allem das Outfit beim Voodoo Festival,
mit besserer Qualität gibt es Florence + the Machine live am Hurricane 2015 inklusive Setlist (PDF)


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>>> Übersicht: Meine Alben 2015 <<<

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How Big, How Blue, How Beautiful - Tracklist

  • Release Date 01 June 2015
  • Label Island Records
  • Produced by Markus Dravs
  1. Ship To Wreck (Florence Welch, Tom Hull)
  2. What Kind Of Man (Florence Welch, Tom Hull, John Hill)
  3. How Big, How Blue, How Beautiful (Florence Welch, Isabella Summers)
  4. Queen Of Peace (Florence Welch, Markus Dravs)
  5. Various Storms & Saints (Florence Welch, Markus Dravs)
  6. Delilah (Florence Welch, Isabella Summers)
  7. Long & Lost (Florence Welch, Ester Dean)
  8. Caught (Florence Welch, James Ford)
  9. Third Eye
  10. St Jude (Florence Welch, James Ford)
  11. Mother (Florence Welch, Paul Epworth)

Band

  • Florence Welch - lead vocals, percussion
  • Isabella Summers - keyboards, backing vocals
  • Robert Ackroyd - lead guitar
  • Christopher Lloyd Hayden - drums, percussion
  • Tom Monger - harp, xylophone, bass guitar, backing vocals
  • Mark Saunders - bass guitar, percussion, backing vocals
  • Rusty Bradshaw - rhythm guitar, keyboards, backing vocals


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